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Obersberg und Waldfreundehütte

Am 1. November fand die letzte Tour der Naturfreunde Landstraße im Zyklus "125 Jahre Naturfreunde" vor dem Shut-Down statt.

 

1934 bis 1945: Zuflucht in der Zeit des Faschismus, Illegale Naturfreunde und Revolutionäre Sozialisten trafen sich in den Jahren 1934-1945 auf der Waldfreundehütte und planten den Widerstand in Wien.

 

Route: Von Schwarzau im Gebirge (617m) auf den Kirchhügel. Bei der Kapelle bergwärts abbiegen und auf einem Waldweg vorbei an Haus- und Hirschkogel, dann über den Ostkamm auf die aussichtsreiche Gipfelwiese zur Waldfreundehütte (1464m) anschließend noch 100 Meter Richtung Westen zum Obersberg (1467m). Retour wieder über die Waldfreundehütte, ein Stück unter der Hütte Richtung Süden zur lieblichen Obersbergalm abzweigen. Von hier abwechselnd über Waldwege und Wiesen vorbei an einigen Bauernhöfen retour nach Schwarzau.

Weglänge: 850 hm im Auf- und Abstieg, Dauer: 4 Std.

 

Hintergrund: Am 14. Februar 1934 wurden die Naturfreunde vom Dollfuß-Regime verboten. 101 Naturfreundehäuser wurden in Österreich beschlagnahmt und den Bergfreunden, einer Teilorganisation der austrofaschistischen Vaterländischen Front, übergeben.

 

Viele Naturfreundemitglieder bzw. -gruppen trafen sich illegal weiterhin. Einige davon fanden Unterschlupf in freundlich gesonnenen Alpinvereinen. In den Schutzhütten dieser Vereine, weit ab von der Polizei, wurden die politische Lage diskutiert, Pläne geschmiedet und die illegale „Arbeiterzeitung“ sowie der internationale „Naturfreund“ gelesen. Beide Zeitungen wurden übrigens von Naturfreunden aus der Tschechoslowakei bzw. der Schweiz nach Österreich geschmuggelt und verteilt.

 

Im „Berg frei“, dem Mitteilungsblatt der Ottakringer Naturfreunde (Dezember 1945), wird diese Zeit von Wilhelm Huber wie folgt beschrieben: „Auch der Naturfreund geht mit den revolutionären Sozialisten in die Illegalität, in den unterirdischen , unerbitterlichen Kampf gegen die Ränke von 1934 und 1938 und benutzt hierfür als pures Mittel zum Zweck da und dort die Mitgliedschaft bei irgendeinem Touristenverein, um seine Werbetätigkeit im Kampf gegen den Faschismus in jeder Form und mit äußerster Kraft fortzusetzen.“

 

Einige Vereine, wie der Alpenbund und die Alpine Gesellschaft der Waldfreunde, dürften Naturfreunde aktiv gedeckt haben, ihnen war sehr wohl bewusst, wen sie in ihren Verein aufnahmen. Die Alpinistengilde der Naturfreunde, viele ihrer Mitglieder waren aktiv im Widerstand gegen Austrofaschismus und Nationalsozialismus, traf sich bis 1945 jeden Sonntag auf der Predigstuhlwiese im Wienerwald. Offiziell schlüpfte die Alpinistengilde beim „Alpenbund“ unter – wobei sie sich den Spaß erlaubte, aus dem bis dahin schwarzen Abzeichen ein rotes zu machen.

 

Viele Mitglieder der Wiener Naturfreunde Bezirksgruppen Ottakring und Landstraße sowie die Naturfreunde Alpingesellschaft D´Johannesbacher wiederum organisierten sich in der Alpinen Gesellschaft „Die Waldfreunde“, die am 11. Dezember 1938 in den Deutschen Alpenverein eingegliedert wurden. Naturfreunde blieben dort nicht nur unbehelligt, sondern bekleideten bis 1945 viele Vorstandsfunktionen.

 

Auf der Waldfreundehütte am Obersberg fanden während des Austrofaschismus von illegalen Naturfreunden organisierte große 1. Mai Feiern mit Ansprachen Revolutionärer Sozialisten statt. Bei der Absicherung politischer Versammlungen der verbotenen Opposition auf Berghütten hatten die Naturfreunde damals schon einiges an Erfahrung gesammelt. Wilhelm Huber schreibt 1945 im Mitteilungsblatt der Ottakringer Naturfreunde: „Ich erinnere mich mit besonderer Freude und mit Stolz an einen (solchen) ersten Mai, der mich mit der stattlichen Zahl von vierzig bis fünfzig Naturfreunden auf den Obersberg im Schwarzatale führte.“

 

Dort hielt der Revolutionäre Sozialist Karl Kysela eine Ansprache und es wurde das „Lied der Arbeit“ gesungen. Karl Kysela war einer der führenden Revolutionären Sozialisten und Ottakringer Naturfreund.

 

1945 waren Hilde Krones und Karl Kysela Wiederbegründer der SPÖ. Kysela wirkte als Bezirksobmann der SPÖ Ottakring und als Nationalrat (1945–1962) am Wiederaufbau Österreichs mit. In letzterer Funktion prägte er das österreichische Mietrecht.

 

Auch Hilde Krones war Ottakringer Naturfreundin. Sie war ebenfalls führende Revolutionäre Sozialistin, Redakteurin der illegalen Zeitschrift "Wahrheit" und versorgte Widerstandsgruppen und Partisanen mit Medikamenten. Hilde Krones war Nationalratsabgeordnete von 1945-1948.

 

Seit 1945 sind die Waldfreunde, die während des Faschismus Naturfreunden Unterschlupf gewährten, wieder eine eigenständige kleine Alpingesellschaft. Grund genug deren Hütte auf dem Obersberg zu besuchen.

 

Guide Erich

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